Das Koffermaterial beeinflusst das Gewicht sowie die Haltbarkeit und Regenfestigkeit eines Koffers und auch den Schutz der Reisesachen. Aber welches Koffer-Material ist am besten?

Wir haben in den letzten Jahren viele Koffer gekauft und ausprobiert, stellen die einzelnen Materialien gegenüber und berichten von unseren Erfahrungen.

Seit die Römer ihre Beute in metallbeschlagenen Holzkisten heimschleppten, hat sich viel getan. Mittlerweile hat man die Qual der Wahl zwischen Koffern aus ABS, Polycarbonat, Polypropylen, Curv, Aluminium, Polyester, Polyamid…

Stellt sich die Frage, welches Material für welchen Zweck am besten geeignet ist...

ABS (Acrylnitril-Butadien-Styrol) ist ein thermoplastischer Kunststoff, erweicht also in einem bestimmten Temperaturbereich und lässt sich dann immer wieder von neuem verformen.(1) Es eignet sich für viele gängige Kunststoffverfahren wie Spritzgießen, Extrusion, Thermoformen und sogar für Galvanisieren (metallisches Beschichten), Lackieren und Bedrucken.(2)

Vorteile von ABS

ABS gilt als relativ schlag-, kratz- und abriebfest sowie wasser- und schmutzabweisend. Der Einsatzbereich von ABS liegt bei Temperaturen zwischen –40 und +85 °C und reicht bis zu +100°C bei kurzfristiger Verwendung.(3)

Durch Zusatzstoffe lassen sich Materialeigenschaften weiter gezielt verbessern, wodurch es unterschiedliche Arten bzw Qualitäten des Kunststoffes gibt, was pauschale Aussagen erschwert.

ABS kommt an sich ohne Weichmacher aus und gilt nach heutigem Wissensstand als gesundheitlich vergleichsweise unproblematischer Kunststoff.(4) So wird es beispielsweise seit Jahrzehnten von LEGO für Kinderspielzeug verwendet.(5) Als thermoplastischer Kunststoff ist ABS auch aus üblichen Abfallmischungen relativ gut recycelbar.(6) Aus dem günstigen Kunststoff werden oft preiswerte Hartschalenkoffer produziert, wobei die niedrigen Kosten bei so manchem ABS-Koffer ein gutes Preis-Leistungsverhältnis erlauben.

Nachteile von ABS

Manchmal wir auf die geringe Witterungs- und UV-Beständigkeit von ABS hingewiesen, allerdings gilt das aufgrund der vielen ABS-Typen nicht pauschal. Auch lässt sich der Kunststoff schützend beschichten oder lackieren.(7) 

Unsere Erfahrungen mit ABS-Koffern

Wir haben mehrere kleine Koffer aus ABS gekauft und getestet (Suitline-Koffer, Hauptstadtkoffer Havel, Wittchen Koffer) und sie haben allen Belastungstests standgehalten (ua mehrere Kilometer über Asphalt und Schotter, Falltest aus einem Meter Höhe vollbepackt auf jeweils eine Rolle…). Größere Koffer sind naturgemäß stärkeren Belastungen ausgesetzt. So brach im Belastungstest von Stiftung Warentest die Kofferschale des ABS-Koffers „Hauptstadtkoffer Mitte“ rund um alle vier Rollen.

Polycarbonat ist wie ABS ein thermoplastischer Kunststoff. Es kann also immer wieder in einen bestimmten Temperaturbereich gebracht, erweicht und neu verarbeitet werden. Polycarbonat eignet sich auch für viele Kunststoffverfahren wie Spritzgießen, Extrusion und Thermoformen.(8)

Vorteile von Polycarbonat

Dem Kunststoff werden trotz geringen Gewichts Eigenschaften wie hohe Schlagfestigkeit und Widerstandfähigkeit bei mechanischer Einwirkung zugeschrieben.(9) Diesbezüglich soll Polycarbonat sogar noch attraktiver als ABS sein. Der beste Temperaturbereich für eine Verwendung liegt zwischen –40 und 130 °C, kurzfristig sind Temperaturen bis etwa 150 °C möglich.(10) Der Kunststoff gilt als gut recycelbar.

Nachteile von Polycarbonat

Polycarbonate leiden unter ständiger UV-Einstrahlung. Dagegen helfen bei Bedarf bestimmte Stabilisatoren, Lacke oder Folien. Auch zu viel heißes Wasser schadet dem Kunststoff.(11)

Polycarbonat ist nicht billig und wird deshalb oft für teurere Koffermodelle verwendet. Gängige Sorten werden ua aus Bisphenol A erzeugt, das nach der REACH-Verordnung (europäisches Chemikalienrecht) als besonders besorgniserregende Substanz eingestuft ist. Bisphenol A sollte zwar chemisch stabil im fertigen Kunststoff gebunden sein, kann aber in geringen Mengen frei bleiben oder unter bestimmten Voraussetzungen auch wieder freigesetzt werden und spielt auch für die Problematik des  Mikroplastiks eine gewisse Rolle.(12)

Unsere Erfahrungen mit Polycarbonat-Koffern

Die Polycarbonat-Koffer Samsonite Prodigy und Titan X2 (jeweils Kabinengröße) konnten in unseren Belastungstests überzeugen und gingen weder im Falltest noch im Rolltest über mehrere Kilometer Asphalt und Schotter kaputt. In Tests der Stiftung Warentest offenbarten sich allerdings bei größeren Koffern ähnliche Grenzen wie bei ABS-Koffern. So brach beim Rimowa Essential Trunk Plus (Testsieger Hartschale) unter hohen Belastungen die Kofferschale im Griffbereich.

Wie ABS und Polycarbonat ist auch Polypropylen ein thermoplastischer Kunststoff und wird seit Jahrzehnten als Material für Hartschalenkoffer verwendet. Es eignet sich für viele gebräuchliche Kunststoffverfahren und zählt zu den am meisten verwendeten Kunststoffen überhaupt.(13) 

Vorteile von Polypropylen

Polypropylen ist ganz besonders leicht und trotzdem gut belastbar. Vor allem zeigt es kaum Ermüdungserscheinungen.(14) Es lässt sich gut mischen und dadurch an verschiedene Anforderungen anpassen. So gibt es ganz unterschiedliche PP-Arten, die pauschale Aussagen über den Kunststoff erschweren.(15) 

Polypropylen kommt an sich ohne Weichmacher aus und wird gerne für „gesundheitskritische“ Bereiche wie Lebensmittelverpackungen oder medizinische Anwendungen verwendet.(16) Es lässt sich sehr gut recyceln (17) und dadurch ressourcenschonend wiederverwenden. Der günstige Kunststoff lässt – hochwertige Verarbeitung vorausgesetzt - Koffer mit gutem Preis-Leistungsverhältnis zu. 

Nachteile von Polypropylen

Polypropylen wird bei Kälte spröde, allerdings kann dieser Nachteil durch Zusatzstoffe oder bestimmte Verarbeitungsverfahren vermieden werden.(18)

Das weit verbreitete Material trägt wie andere gebräuchliche Kunststoffe zur Problematik des Mikroplastiks bei.(19)

Unserer Erfahrungen mit Polypropylen-Koffern

Einige Polypropylen-Koffer, wie die von uns getesteten Modelle Samsonite S’Cure und American Tourister Lock’n’Roll in Bordgröße, zeichnen sich durch eine gute Wetterfestigkeit aus. Beide Modelle haben Schnallen und Gummidichtungen anstelle eines Reißverschlusses und die Teleskopstange endet nicht im Gehäuse. Dadurch gelangt im Regen keine Feuchtigkeit ins Innere unserer Testmodelle. Auch lassen sich die Koffer mangels Innenverkleidung innen gut und rasch reinigen. Den beliebten S’Cure gibt es mittlerweile auch als „ECO-Modell“ aus recycelten Materialien.

Der ebenfalls getestete Trolley aus Polypropylen American Tourister Soundbox ist zwar nicht ganz regendicht, dafür aber leichter als der S'Cure und erweiterbar.

Alle drei Modelle überstanden unsere Belastungstests ohne Schäden. Wie bei ABS und Polycarbonat gilt aber auch hier, dass größere Koffermodelle höheren Belastungen ausgesetzt sind. So blieben die Rollen des Polypropylen-Koffers Airconic (Größe: 77cm) von American Tourister nach diversen Falltests von Stiftung Warentest eingedrückt.

Das patentierte „Curv“ zählt wohl zu den innovativsten Koffer-Materialien der letzten Jahre. Es handelt sich dabei um ein hochverdichtetes Gewebe aus Polypropylenfäden,(20) das mittlerweile in ganz unterschiedlichen Bereichen und von Samsonite exklusiv für Hartschalenkoffer verwendet wird.

Vorteile von Curv

Während viele Hartschalenkoffer aus Polypropylen durch Spritzgießen hergestellt werden (erweichtes Polypropylen-Granulat wird in eine Form gespritzt und erhärtet anschließend), entsteht bei der Curv-Produktion zunächst ein sehr dünnes und dennoch extrem robustes, dichtes Kunststoffgewebe, aus dem die Kofferschale geformt wird. Samsonite Curv-Koffer sind dadurch ultraleicht und trotzdem extrem schlag- und bruchfest. Auch wird Curv bei niedrigen Temperaturen nicht spröde.(21) 

Nachteile von Curv

Curv-Koffer sind relativ teuer. Auch ist die Auswahl an entsprechenden Koffern noch sehr eingeschränkt. 

Unserer Erfahrungen mit Curv-Koffern

Wir haben den Curv-Koffer Samsonite Lite-Shock in Kabinengröße getestet. Während typische Hartschalen-Bordtrolleys zwischen zweieinhalb und drei Kilos wiegen, oft auch mehr, bringt der Lite-Shock nur 1,7kg (!) auf unsere Waage und zählt damit wohl zu den leichtesten Hartschalenkoffern überhaupt. In diversen Videos wird veranschaulicht, wie „unkaputtbar“ Curv-Koffer sind.(22) Wir konnten uns aber auch selbst in eigenen Tests von der Robustheit des Lite-Shock überzeugen.

Aluminium ist ein Leichtmetall und weist eine hohe spezifische Festigkeit auf, weshalb es gerne im Leichtbau (Luft- und Raumfahrt, Kraftfahrzeuge, Boote) verwendet wird.(23) Auch als Koffermaterial hat Aluminium eine lange Tradition. So baute Rimowa schon 1937 seinen ersten Schrankkoffer aus Aluminium (24). Ungefähr zur selben Zeit kam der erste Alu-Koffer von Zerohalliburton auf den Markt, (25). 

Vorteile von Aluminium

Aluminiumkoffer gelten als robust und bieten dem Inhalt einen guten Schutz. Sie zählen heutzutage zu den „Eyecatchern“ und stechen durch ihr edles Äußeres aus der Masse der Kunststoffkoffer hervor. 

Nachteile von Aluminium

Aluminium ist zwar ein Leichtmetall, Alu-Koffer sind aber dennoch vergleichsweise schwer. Während typische Bordtrolleys aus ABS, Polycarbonat oder Polypropylen ungefähr zweieinhalb bis drei Kilo wiegen, bringen Alu-Koffer dieser Größe vier bis fünf Kilo auf die Waage. So wiegt etwa der Rimowa Cabin ca. 4,3 kg (26 )und der Samsonite Lite-Box Alu 4,7kg (27). Im Lauf der Zeit muss man mit mehr und mehr Dellen bei einem Aluminiumkoffer rechnen. Auch sind Alu-Koffer vergleichsweise teuer. 

Unsere Erfahrungen mit Alu-Koffern

Bisher haben wir keine Alu-Koffer ausprobiert und getestet.

Im Kabinentrolley-Test von Stiftung Warentest hat ein Alu-Koffer von Rimowa enttäuscht. Die Rollen wurden beim Falltest ins Gehäuse gedrückt.(28) 

Die meisten Reisekoffer mit weicher Kofferschale sind aus Polyester, Polyamid oder einer Mischung dieser Kunststoffe. Zwar gibt es auch natürliche Polyester, doch steht der Begriff regelmäßig für eine synthetische Kunststoffgruppe zu der auch das bekannte Flaschenmaterial PET gehört.(29)

Auch von Polyamid gibt es unterschiedliche Arten. Für Kleidung und meist auch Koffer werden Polyester und Polyamid (ein Handelsname dafür ist Nylon) zu Fasern bzw Geweben verarbeitet.

Polyesterfasern zählen zu den am häufigsten verwendeten Kunstfasern. Bei Koffern muss das weiche Polyester- bzw Nylongewebe für eine gewisse Formstabilität regelmäßig an manchen Stellen durch Kunststoffteile gestützt werden.

Vorteile Polyester / Polyamid

Polyester ist sehr leicht, formbeständig, pflegeleicht, abriebfest und belastbar. Es nimmt nur wenig Wasser auf, trocknet dadurch schnell und lässt sich gut färben.(30)

Viele wichtige Polyamide sind ebenfalls leicht, formstabil, fest, steif, zäh und abriebfest, nicht aber so wasserabweisend wie Polyester. (31)  Es trocknet nicht so schnell und lässt sich schwerer färben. Polyamid ist dafür aber noch dehnbarer und stärker als Polyester.(32)

Beide Kunststoffe sind wenig anfällig für Schimmel.(33)

Manche der von uns getesteten Weichschalen-Bordtrolleys zählen zu den leichtesten Handgepäck-Koffern, die es zu kaufen gibt. Das Gewicht liegt oft zwischen eineinhalb und zwei Kilogramm. Für die Robustheit des Gewebes sind die von manchen Herstellern angegebenen DEN (Denier) ein Indikator. Ein DEN ist gleichbedeutend mit einem Gramm pro 9000 Meter Garn/ Faser.(34)

Neben dem meist geringen Gewicht, genießt man mit einem Trolley aus Polyester/Polyamid oft weitere typische Vorteile von Weichschalen-Koffern. So haben viele dieser Koffer praktische Außentaschen. Auch können aus den viel verwendeten Kunststoffen sehr günstige Koffermodelle produziert werden, wobei Polyester noch etwas billiger ist als Polyamid.(35)

Nachteile Polyester/ Polyamid

Auch sehr engmaschige Polyestergewebe sind regelmäßig durch Nähte verbunden und die lassen oft Feuchtigkeit ins Innere. Weichschalenkoffer schützen die Reisesachen bei Stößen und Schlägen nicht ganz so gut wie harte Kofferschalen. Durch die weite Verbreitung von Polyesterfasern und -geweben trägt der Kunststoff wesentlich zur Problematik des Mikroplastiks bei.(36)

Unsere Erfahrungen mit Polyester- bzw Polyamid-Koffern

Die von uns getesteten Koffer aus Polyester oder Polyester/Polyamid-Gemisch (Samsonite Spark, Travelite Cabin, American Tourister Herolite, Eastpak Transverz, Karabar-Rucksacktrolley und 5-Cities- Kabinentrolley) sind allesamt vergleichsweise leicht.

Was die Verarbeitung und Robustheit der „Soft-Trolleys“ anbelangt, gibt es ebenso große Unterschiede wie beim Preis. Für jeden Geschmack findet man das passende Modell.

So wiegt beispielsweise der 5-Cities-Kabinentrolley nur federleichte 1,4kg und ist ganz besonders billig. Er ist aber auch sehr einfach verarbeitet, wenig formstabil, nicht so komfortabel in der Handhabung und auch sicherlich nicht „für die Ewigkeit“ gebaut. Demgegenüber wiegt der Samsonite Spark mit 2,4kg deutlich mehr, kostet ungefähr das Vierfache, überzeugt aber dafür durch eine vergleichsweise hochwertige Verarbeitung und Robustheit. Gleiches gilt für den Eastpak Tranverz.

In unseren Belastungstests ging nur der Karabar-Trolley kaputt. Es brach die Kofferschale im Bereich einer Rolle, was allerdings nicht der Tatsache zugeschrieben werden kann, dass der Trolley aus Polyester ist.

In Tests von Stiftung Warentest hielten größere Koffer mit weicher Schale insgesamt besser als die meisten großen Hartschalenkoffer.(37)

Natürlich gibt es noch viele weitere Materialien für "Soft-Trolleys" und vor allem für Reisetaschen:

Leder ist ein klassisches, edles Taschenmaterial und wird auch heute noch für exklusives Reisegepäck verwendet - weniger für Koffer, aber immer noch für Taschen. Als Naturmaterial sorgt es für einen einzigartigen, individuellen Look und ist robust und strapazierfähig. Es braucht allerdings Pflege und wird von vielen wegen seines tierischen Ursprungs abgelehnt, ist also nicht vegan.

PVC ist nicht nur robust, sondern auch licht- und wetterresistent.(38) Deshalb ist der Kunststoff weit verbreitet und wird ua auch für so manches Reisegepäck verwendet. Wir haben beispielsweise die Reisetasche von "Friendly Swede" getestet. In die Kritik geraten ist PVC zuletzt vor allem wegen der beigefügten Weichmacher, die dem Hart-PVC beigemischt werden, um das Material für viele Anwendungen elastischer zu machen.(39) Typische Weichmacher wie DEHP gelten als gesundheitlich problematisch, weshalb die Industrie in letzter Zeit vermehrt mit anderen Weichmachern experimentiert.(40)  

Polyurethan wird manchmal als Material für Reisegepäck (auch als Kunstleder) oder zum Beschichten von Trolleys verwendet (so beispielsweise beim getesteten Samsonite Paradiver Light Trolley). Der Kunststoff ist sehr vielseitig und kann je nach Zusammensetzung ganz unterschiedliche Eigenschaften aufweisen, beispielsweise zu Schaumstoff verarbeitet werden.(41) Als problematisch gilt ua die Herstellung von Polyurethan, bei der giftiges Isocyanat verwendet wird.(42)